Rollenspiele gibt es viele und in vielen verschiedenen Formen. Sei es in der klassischsten Form als Pen & Paper, als Live Action Rollenspiel oder in Form von Computerspielen unter denen man auch noch in diversen Kategorien unterscheiden muss.
Eine dieser Kategorien mag ich überhaupt nicht und das sind die so genannten JRPGs, die japanischen Rollenspiele. Phantasy Star IV ist nun aber exakt ein solches. Ich glaub Spielen aus dieser Genreschublade einige Versuche: Diverse Final Fantasys wurden genauso gespielt wie Dragon Warrior oder Seiken Densetsu – wirklich Spaß gemacht hat es mir nicht. Deshalb lag Phantasy Star IV bei mir auch ewig lang rum und bekam allerhöchstens einen abfälligen Blick ab. Ehe ich mich doch mal dazu aufraffte, die Cartridge in mein Mega Drive zu stecken. Ich quäle mich ja gern selbst.
Phantasy Star ist einer der frühesten Vertreter der japanischen Rollenspiele in Videospielform. Der erste Teil erschien 1987 auf dem Master System – was ein Großteil der Welt nicht mitbekam, weil die Konsole leider alles andere als populär war. Als das Mega Drive erschien wurde die Serie fortgesetzt mit Phantasy Star 2 und dem dritten Teil den viele nicht mögen. Teil 4 erschien nach vielen Verzögerungen 1994 – etwas zu früh für den Untertitel End of the Millenium.
Wir befinden uns im Jahr 2284 A.W. im Algo Sternensystem wo auch Phantasy Star 1 und 2 spielten. Tausend Jahre zuvor traten zahlreiche Katastrophen in diesem System auf, die in der Folge das Managementsystem (genannt Mother Brain, kreativ nicht?) zerstörte. Ein Planet, Parma, wird gleich mal völlig zerstört, alle anderen nehmen massiven Schaden, von dem sich die Zivilisation auch 1000 Jahre später noch nicht erholt hat. Auf dem zweiten Planet, Motavia, starten wir unser Abenteuer.
Was mir an JRPGs nicht gefällt und leider auch hier der Fall ist, ist, dass man nicht seinen eigenen Charakter basteln darf. Es wird alles fest vorgegeben und das ist auch hier der Fall. Man spielt also Chaz Ashley, der genretypisch noch ein halbes Kind ist (warum das für die Japaner so faszinierend ist, immer mit halben Kindern die Welt zu retten, verstehe ich auch nicht). Er ist Lehrling in der Gilde der Hunter und wird von seiner Lehrmeisterin Alys Brangwin gerade zum vollwertigen Partner befördert. Es gibt viel zu tun für die Hunter, denn eine Invasion von Biomonstern breitet sich in Algo aus und es ist die Aufgabe der Hunter das mal wieder unter Kontrolle zu bringen.
So startet man direkt in der Akademie und erhält den Auftrag den Keller zu reinigen, weil dort einige Monster sind. Mit seiner nun aus 2 Leuten bestehenden Party sucht man den Keller und trifft prompt auf das nächste Partymitglied. Weiter geht es, die ersten Kämpfe folgen und ein kleiner Bosskampf am Ende darf auch nicht fehlen.
Gekämpft wird im ebenfalls genre-typischen Rundensystem. Beide Truppen stehen sich festgeklebt gegenüber. Dadurch wird schon mal viel Taktik aus dem Fenster geworfen, da man nicht versuchen kann etwa Deckung zu nutzen, Gegner zu umzingeln oder sonst irgendwie clever den Kampf zu gewinnen. Stattdessen wählt man der Reihe nach für jeden Charakter aus, was er machen soll – Angreifen, Verteidigend rumstehen, Magieeinsatz sind die Mittel. Dann läuft der Kampf vollautomatisch ab. Runde um Runde bis eine von 2 Gruppen, hoffentlich die feindliche, besiegt ist. Die meisten Gegner kann man durch simple Angriffswellen besiegen, bei den größeren und den Bossen muss man mit Magie arbeiten und es wird schon etwas taktischer, ohne allerdings jemals anspruchsvoll zu werden. Wer von den tausenden Zufallskämpfen gegen schwache Feinde genervt ist, kann sogar Angriffsmakros erstellen, die auf Knopfdruck abgerufen werden.
Danach gibt es Credits und Erfahrungspunkte. Aufleveln tun sich die Charaktere selbstständig, einen Skilltree zum auswählen der Fähigkeiten gibt es auch nicht – stattdessen werden neue Fähigkeiten einfach auf dem Level basierend freigeschaltet. Das ganze System ist enorm simpel und sorgt leider dafür, das man eben nur einen fremden Charakter durch die Pampa steuert und nicht seinen Held. Eigentlich die einzige Modifikation, die man vornehmen darf, ist bei den Ausrüstungsgegenständen. Wobei es auch hier sehr linear zugeht nach dem Motto „In dieser Stadt gibt es Zeug, das von dem Shop der nächsten Stadt überboten wird“. Lediglich ab und zu findet man auch in den Dungeons wirklich tolle Ausrüstungsgegenstände, die ansonsten entweder schweineteuer wären oder gar nicht verkauft werden. Das erforschen macht auf jeden Fall Spaß.
An sich wollte ich trotzdem schon aufgeben als ich aus der ersten Stadt rauskam, die typischen Kritikpunkte die ich am JRPG-Genre habe, sind auch hier enorm. Ich spielte weiter und mit der Spieldauer kam die Handlung langsam in Fahrt. Ein Bösewicht bedroht natürlich die Welt, soweit so klischeehaft, es gibt aber genug Plot-twiste und überraschende Momente um die Story spannend zu halten und dafür zu sorgen, das man wissen will, wie es weiter geht.
So spielte ich auch weiter. Es ging raus in die Stadt, dann in die Welt. Landschaftlich recht nett aber doch unspektakulär designed rennt man durch Gebirge, Wüste und andere Orte, trifft in anderen Städten ein und bestreitet enorm viele Kämpfe. Diese treten zufallsbasiert auf: Man geht ein paar Schritte, dann folgt ein Kampf.
Bislang klang das alles recht negativ und trotzdem konnte ich nicht aufhören dieses Spiel zu spielen. Ich kann aber auch nicht wirklich sagen warum. Es macht einfach Spaß. Es ist simpel, der Schwierigkeitsgrad ist zu niedrig, es nervt das man eigentlich keinerlei Eingriffsmöglichkeiten hat und einfach nur eine lineare und starr vorgegebene Handlung abrennt und trotzdem will man gerade bei dieser wissen, wie es weiter geht.
Das Setting, diese Mischung aus klassischen Fantasyelementen und viel Science-Fiction gefällt mir. Auch ein Großteil der Charaktere gefällt mir, da sie nicht alle dem typisch japanischen „Ultraknuddelemo“-Look entsprechen mit „Helden“ bei denen man das Gefühl hat, sie würden sich eher in die Hose machen beim Anblick eines Feindes als gegen diesen zu kämpfen . Chaz fällt zumindest vom Look her in diese Kategorie, offenbart in den Gesprächen zum Glück aber doch etwas mehr Mut und Heldentum. Generell sind die Gespräche wirklich gelungen, auch wenn sie leider komplett automatisch ablaufen und es kein Multiple-Choice oder ähnliches gibt. Es gibt ernste Momente aber auch sehr lustige, generell ist der Humor gelungen, etwa wenn Alys Hahn ständig Geld abknöpft, damit er in der Party bleiben darf.
Vielleicht war auch die Musik ein Grund. Während das Spiel grafisch lediglich in den Zwischensequenzen so richtig Qualität zeigt und ansonsten eher unspektakulär ist (Die Charaktere bewegen sich wie Legofiguren durch die Welt), dürfte die Musik mit zum Besten gehören, das man vom Mega Drive zu hören kriegt. Größtenteils elektronisch und wirklich toll komponiert gibt es Musikstücke die jederzeit zum Geschehen passen. Auch die Soundeffekte sind gut gelungen.
Am Ende, nach vielen Spielstunden stand ich dann im finalen Dungeon gegen den eigentlichen Hauptfeind, der sich erst später im Spiel überhaupt enttarnt hat. Wie gesagt, die Handlung erscheint auf den ersten Blick klischeehaft, hat aber doch mehr Tiefgang und Überraschungen als erwartet. Der letzte Dungeon ist grafisch nichts für Epileptiker, denn der farbenwandelnde, blinkende Hintergrund tut schon etwas weh. Nichtsdestrotz wurde am Ende der Bösewicht besiegt und die Welt gerettet.
Phantasy Star IV hat mich nicht zum Fan von JRPGs gemacht, blieb bislang aber doch der einzige Vertreter dieses Genres der mich länger als 3 Stunden fesseln konnte, der mich gar zum durchspielen bewegte und wer weiß, vielleicht werde ich das Spiel irgendwann nochmal starten und sei es nur wegen der genialen Musik.
Für JRPG-Fans ist es in jedem Fall ein absoluter Pflichttitel. Die dürfen bei der unteren Wertung auch eine 10/10 setzen
Für alle anderen ist es ein Blick wert und gerade für Genre-interessierte, die noch nie einen Titel spielten, ist es wohl ein guter Einstiegspunkt – man muss nicht zwangsläufig die Vorgänger kennen und der Schwierigkeitsgrad ist wie schon erwähnt, niedrig angesetzt.
Publisher: Sega
Developer: Sega
Erscheinungsjahr: 1994
Erschienen für: Mega Drive
Anzahl Spieler: 1
Schwierigkeitsgrad: Leicht
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